Fotografieren während der blauen Stunde – und die Gewinner unseres Wettbewerbs zum Weltfototag

Erlebt diesen Winter den Zauber der blauen Stunde …
Zum diesjährigen Weltfototag haben wir euch vor die Aufgabe gestellt, die blaue Stunde einzufangen. Ganz ehrlich: Ihr habt uns echt beeindruckt! Höchste Zeit also, dass wir uns die herausragendsten Beiträge ansehen. Doch zunächst lassen wir Scott Antcliffe zu Wort kommen. Er wird uns ein bisschen zu diesem Thema erzählen …
Willkommen zur blauen Stunde
Kennt ihr den magischen Moment, der die Brücke zwischen Tag und Nacht bildet? Der Himmel nimmt einen satten, tiefen Blauton an. Die Welt wirkt auf wundersame Art unwirklich. Diese unfassbar fesselnde Lichtstimmung beflügelt seit jeher Fotografen. Sie inspiriert zu Bildern voller Dramatik und sorgt für eine ganz besondere Stimmung, die es nur zu dieser Tageszeit gibt.
Ihr könnt die blaue Stunde entweder morgens vor Sonnenaufgang oder abends nach Sonnenuntergang nutzen. Die Sonne strahlt dann von unterhalb des Horizonts. Das indirekte Licht taucht den Himmel in atemberaubende Blautöne. Gleichzeitig leuchtet auch das künstliche Licht auf und sorgt für ein perfektes Gleichgewicht zwischen natürlichem und Umgebungslicht.
Nikon Team
Das steckt in der Kameratasche
Von links nach rechts: Nach Sonnenuntergang in Bari (Italien), Fischerboote in Malta nach Sonnenuntergang, Silhouetten bei Sonnenuntergang in Hydra (Griechenland), © Nikon-Creator Lucy Hamidzadeh
Herausfordernd, aber lohnend
Wenn ihr die Schönheit der blauen Stunde in euren Bildern zeigen möchtet, müsst ihr euch gut vorbereiten. Euer Hauptgegner ist die Zeit. Ihr habt, je nach Standort und Jahreszeit, nur etwa 20 bis 40 Minuten dafür. Das Licht ändert sich ständig. Manche Stimmung bleibt gerade einmal für eine Minute erhalten. Lernt also, euer Equipment effizient zu bedienen.
Das schwache Licht stellt die größte technische Herausforderung dar. Bei Dunkelheit und längeren Belichtungszeiten wirken schon leichte Bewegung schnell unscharf. Auch der Dynamikumfang stellt eine Hürde dar. Der noch helle Himmel bildet einen starken Kontrast zu den dunkleren Elementen im Vordergrund.
Auf die Ausrüstung kommt es an
Möchtet ihr die Landschaft oder eine Straßenszene festhalten? Dann solltet ihr auf jeden Fall ein Stativ und einen Kabelfernauslöser einpacken, um Verwacklungen zu vermeiden. Wenn ihr keinen Fernauslöser habt, könnt ihr auch die Timerfunktion der Kamera nutzen. Welches Objektiv das richtige ist, hängt vom Motiv ab: Weitwinkelobjektive (14-24 mm oder 24-70 mm) eignen sich hervorragend für Stadt- und Architekturfotografie, während lichtstarke Festbrennweiten (f/1.4 oder f/1.8) hervorragend für Porträts geeignet sind, bei denen Umgebungslicht und Blitz in Einklang gebracht werden müssen.
Grauverlaufsfilter helfen bei extremen Kontrasten, zum Beispiel wenn der Himmel deutlich heller ist als der Vordergrund. Ein Polarisationsfilter kann Blautöne verstärken und Reflexionen reduzieren. Denkt auch an Ersatzakkus! Kälte und Langzeitbelichtung ziehen viel Strom.
Abends oder morgens: Was ist besser?
Die blaue Stunde am Abend bietet in der Regel mehr Dramatik und Möglichkeiten. Die Lichter der Stadt sind bereits eingeschaltet, Gebäude strahlen – eine besondere Atmosphäre, die wir einfangen wollen. Die blaue Stunde am Morgen eignet sich für ruhigere, klarere Kompositionen. Aber ihr müsst früh raus, und wahrscheinlich sind die künstlichen Lichtquellen nicht mehr an. Die meisten Fotografen bevorzugen aufgrund von praktischen und visuellen Aspekten den Abend. Findet selbst heraus, was euch besser liegt.
Optimale Kameraeinstellungen
Wählt für den Anfang den manuellen Modus mit folgenden Grundeinstellungen: ISO 400 bis 800, Blende f/8 bis f/11 für Landschaften bzw. f/2,8 bis f/4 für Porträts, Belichtungszeit zwischen 1 und 10 Sekunden. Ihr müsst jederzeit bereit sein, Anpassungen vorzunehmen, wenn sich die Lichtverhältnisse ändern.
Bei wenig Licht kann das Scharfstellen schwierig sein. Wechselt vor Einbruch der Dunkelheit zur manuellen Fokussierung. Für die maximale Tiefenschärfe solltet ihr bei Landschaftsaufnahmen auf etwa ein Drittel der Szene fokussieren. Mit einem Weißabgleich von 3800 bis 4200 K verstärkt ihr satte Blautöne. Oder arbeitet für maximale Flexibilität im RAW-Format.
Nutzt Belichtungsreihen, um alle Lichter und Schatten zu erfassen. Bei einer Belichtungsreihe nehmt ihr dieselbe Szene mehrmals mit unterschiedlichen Belichtungseinstellungen auf. Die raschen Änderungen beim Licht führen dazu, dass die perfekte Einstellung womöglich nach 60 Sekunden nicht mehr perfekt ist.
Nachbearbeitung für maximale Bildwirkung
RAW-Dateien sind ideal, wenn ihr Schatten herausarbeiten und Highlights betonen möchtet. Passt zunächst Belichtung und Weißabgleich ab. Häufig wirkt ein leichtes Kälter machen Wunder, um die Blautöne herauszuarbeiten.
Fügt dann ein wenig mehr Brillanz und Lebendigkeit hinzu, damit die Blautöne auf natürliche Weise hervorstechen. Das HSL-Panel von Lightroom leistet großartige Arbeit: Hier könnt ihr die Blau- und Aqua-Kanäle selektiv anpassen, um die Intensität des Himmels fein abzustimmen. Mit mehr Dynamik in Bildbereichen im Schatten erweckt ihr dunklere Vordergrundelemente zum Leben. Aber Obacht! Zu viel des Guten, und das Rauschen nimmt zu.
Nutzt gegebenenfalls Verlaufsfilter in Lightroom, um die Belichtung zwischen Himmel und Erde auszugleichen. Mit lokalen Anpassungen könnt ihr scharf begrenzte Bereiche selektiv aufhellen oder abdunkeln und so den Blick der Betrachtenden durch das Bild führen.

Nikon D850 + NIKKOR AF-S 14-24mm f/2.8G, 24 mm, 1/200 s, f/2, ISO 640 ©Manuela Kläui
Gesamtsieger: Manuela Kläui
„Schon lange vor dem Sonnenaufgang nahmen wir die erste Gondel in die Berge. Wir passten diesen ersten magischen Moment der blauen Stunde ab. Das Bild spiegelt die tiefe Verbindung zwischen Mensch und Hund wider. Als hätten sie sich zu einem gemeinsamen Abenteuer verabredet. Das Fotografieren bei dieser Lichtstimmung ist immer eine Herausforderung. Ich muss die richtige Balance für die Kameraeinstellungen finden, damit kein wichtiges Detail im Schatten verloren geht. Gleichzeitig muss ich eine kurze Belichtung wählen, damit der Hund in Bewegung nicht unscharf wird.“


Lei Xiong
„Von Barcelonas glühender Küste bis zu den schneebedeckten Fjorden von Tromsø, von Edinburghs historischer Skyline bis zu den Brücken Portos, die wie goldene Fäden schimmern: Wer der blauen Stunde quer durch Europa folgt, begibt sich auf eine Reise voll mit flüchtigem Licht und zeitloser Schönheit. In diesem magischen Zwischenlicht zeigt sich die Seele der Stadt. Die Balance zwischen dem schwindenden Tageslicht und den aufflammenden Lichtern der Stadt ähnelt einem Herzschlag. Ruhig und doch lebendig. Ob die stillen Kanäle in Venedig, die stolzen Türme in Stockholm oder das leuchtende Parlament in Budapest: Die blaue Stunde erinnert mich stets daran, dass jeder Ort seine eigene Geschichte erzählt.“


Serena Wong
„Ich war auf Geschäftsreise in London und wie es der Zufall wollte, gab es am Wochenende einen spektakulären Vollmond. Also recherchierte ich vorab und suchte mir einen Platz, von dem aus ich das atemberaubende Ensemble aus Vollmond und Tower Bridge einfangen konnte. Der helle Mond leuchtet wie eine Glühbirne. Dieser Moment ist einfach unvergesslich.“
Audrey Cavan
„Dieses Bild habe ich zur blauen Stunde aufgenommen, in jenem flüchtigen Moment, in dem das Licht Nacht und Tag verbindet. Die in Stille und Schnee gehüllte Aiguille de Varan erhebt sich majestätisch – und verspricht Ewigkeit. Schönheit braucht keine Worte. Nur einen geduldigen Blick.“

D750 + NIKKOR AF-S 24-85mm f/3.5-4.5G ED VR, 37 mm, 720 s, f/20, ISO 100, © Felix Moll
Felix Moll
„Vor der französischen Küste in der Bretagne hatten mein Vater und ich alles für einen dramatischen Sonnenuntergang geplant. Doch dann zogen dichte Wolken auf und verdeckten die Sonne. Wir folgten dem holprigen Wanderweg und hielten schließlich erschöpft an, um die blaue Stunde einzufangen. ND-Filter tauchten den Himmel in ein mystisches Violett. Eine Langzeitbelichtung von 20 Minuten sorgte für einen sanften, seidigen Effekt des Wasserspiels. Genau richtig für den Höhenpunkt der blauen Stunde! Danach packten wir die Ausrüstung zusammen und machten uns auf den anstrengenden Rückweg. Den Rest des Abends verbrachten wir mit der Bearbeitung der Fotos.“


Jonas Lindell
„Am letzten Augustwochenende gibt es rund um die Seen in der Nähe meines Ferienhauses in Finnland allerorts Feuerwerk und Fackeln. Also machte ich mich zu diesem Strand auf, bereitete mein Stativ vor und wartete auf die Milchstraße. Die funkelnden Sterne kommen auf dieser Aufnahme großartig heraus. Für den optimalen Bildeindruck habe ich zehn Aufnahmen gestapelt, bearbeitet und schließlich kombiniert. Für den Vordergrund habe ich eine längere Belichtungszeit und einen niedrigeren ISO-Wert verwendet.
Ich bin in den Norden von Lappland in Schweden gereist, als der Herbst seine farbigen Muskeln spielen ließ. Am Ende des Tages haben wir einen Spaziergang am Wasser gemacht und gehofft, dass sich die Milchstraße von ihrer fotogenen Seite zeigt. Ich habe diesen einzeln stehenden Baum entdeckt und zur blauen Stunde mit meiner Taschenlampe experimentiert. Mit Lichtmalerei habe ich die Herbstfarben in den Blättern hervorgehoben. Dabei habe ich gelernt, dass man immer etwas Schönes einfangen kann. Auch – oder vielleicht sogar ganz besonders – dann, wenn die Dinge anders laufen als erwartet.“


Gaetano Improda
„Nach einem unspektakulären Sonnenuntergang traten plötzlich die feinen Blautöne hervor – und mit ihnen die ganze Pracht der menschlichen Baukunst, die in den imposanten Säulen des Petersdoms von Rom sichtbar wird. Die Statuen lenken den Blick nach oben, bis er das Bauwerk verlässt und jene Schwelle überschreitet, hinter der das Abstrakte, das Göttliche, liegt. Hier verschmelzen Architektur und Natur – in einem Dialog der Stille. Diese Bild fängt nicht nur die Schönheit ein, sondern auch das zeitlose Streben der Menschheit nach dem Unendlichen. Ich wollte jenen flüchtigen, jeden Tag nur wenige Minuten weilenden Augenblick verewigen, in dem die Natur das Menschengemachte berührt – geradezu wie in einem langsamen, aber kurzen Tanz.“
Richard Delahoyde
„Ich hatte ein Zimmer im Hotel Sevilla Center in Sevilla, einem der wenigen Hochhaushotels der Stadt. Zu meinem großen Glück gab es einen Westbalkon. Ich habe jede Menge Versuche gebraucht, um den richtigen Moment zu treffen. Das Licht musste im perfekten Winkel auf Kirche und Dom fallen. Die orangefarbenen Lichter bilden einen tollen Kontrast zu den blauen Abendschattierungen, die von den weißen Gebäuden zurückgeworfen werden. Obwohl das Fotografieren zur blauen Stunde nicht ganz einfach ist, gehört dieser Zeitpunkt doch zu den liebsten Fotogelegenheiten des Tages.“
Links: D850 + NIKKOR AF-S 200-500 f/5.6E ED VR, 500 mm, 1/60 s, f/5.6, ISO 800 ©Montana Delourme. Mitte: D750 + NIKKOR 20mm f/1.8 G ED, 20 mm, 10 s, f/5.6, ISO 400 ©Thanos Paraskevopoulos. Rechts: „Stille Stadt unter dem blauen Mond“, Z8 + NIKKOR Z 24-70mm f/4 S, 27,5 mm, 20 s, f/4, ISO 100 ©Henry Zaw
Montana Delourme
„An einem frühen Morgen im April wagte ich mich noch vor dem ersten Sonnenstrahl in die norwegische Kälte hinaus, um die Ruhe am Flusslauf zu erkunden. Ich beobachtete die Vögel am anderen Ufer. Leider waren sie zu weit weg und sehr scheu, sodass ich mich nicht nähern konnte. Nachdem ich es eine Stunde vergeblich probiert (und die Entscheidung, meine Handschuhe zu Hause zu lassen, bitter bereut) hatte, wollte ich aufgeben. Doch dann schwamm dieser einsame Schwan an mir vorbei: ein leuchtendes Licht auf dem dunklen Fluss. Im selben Augenblick tauchte die Morgensonne die Welt um mich herum in ein tiefes Blau. Das war ein belebendes Gefühl!“
Thanos Paraskevopoulos
„Bei meiner ersten Reise nach Amsterdam hatte ich immer ein kleines Stativ und meine Kamera im Rucksack. Ich war entschlossen, jede freie Minute zu nutzen. Ich hatte mich im Vorfeld über Sehenswürdigkeiten informiert. Aber die Realität übertraf meine Erwartungen bei Weitem. Dort gibt es seltsame Gebäude mit faszinierenden architektonischen Merkmalen. Es ist fast, als ob sie auf den Grachten schwimmen. Bei günstigem Wetter konnte ich die Reflexionen auf dem Wasser einfangen und so diese symmetrische Komposition schaffen.“
Than Zaw Oo
„Dies ist die blaue Stunde. Ein friedliches Intermezzo. Das Tageslicht weicht vor der Nacht zurück. Der sanfte Schein der Straßenlaternen wirft einen zauberhaften Schleier über den Horizont. Der Mond hängt zwischen vereinzelten Sternen am indigofarbenen Himmel. Es ist die Zeit für stilles Sinnieren. Der Moment, bewusst zu atmen und die ruhige Schönheit der Welt in sich aufzunehmen. Ich entdeckte diesen Aussichtspunkt, an dem die Welt, umgeben von den Silhouetten der Bäume, sich weit und still anfühlt. Ein Ort tiefen Friedens.“
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