Die perfekte Brennweite für Videos

Dom Salmon Videografie31 Juli 20255 Minuten Lesezeit
Nikon magazine

Warum ist eine 35-mm-Brennweite zum Filmen so beliebt und wie setzt man sie ein? Dom Salmon erzählt uns mehr

Vor Kurzem habe ich das neue NIKKOR Z 35mm f/1.4 ausprobiert und war von den Video-Aufnahmen total begeistert. Es macht einfach so vieles richtig gut. Es ist immer wieder erstaunlich, dass trotz der riesigen Auswahl und moderner Kameratechnik, einige klassische Stilmittel immer noch funktionieren (meinen Artikel über f/2.8 im Kino findet ihr hier). Ein 35-mm-Objektiv für Filme und Videos hat einen besonderen Platz in meinem Herzen – und in dem vieler anderer Leute. Was ist also das Besondere an diesem Objektiv?

Für Videograf:innen und Filmemacher:innen ist das 35-mm-Objektiv wirklich einzigartig, weil es eine der vielseitigsten und „filmischsten“ Optionen ist. Es bietet eine spannende Mischung aus coolen Möglichkeiten und liegt irgendwo zwischen Ultraweitwinkel- und Standard- oder Teleperspektiven. Es ist kreativ. Und natürlich. Und trotzdem immersiv. Das macht es zu einem echten Favoriten für Storytelling, Dokumentarfilme und sogar für Werbespots.

Kombiniert man dieses angenehme Sichtfeld mit einer lichtstarken Blende wie f/1.4, wird das 35-mm-Objektiv zu einem sehr starken kreativen Werkzeug. Videograf:innen freuen sich über eine großartige Freistellung und ein sattes, kinoreifes Bokeh. So lassen sich Handlungsebenen im Bild festlegen – und all das bei wenig Licht. Dadurch reduziert sich auch der Bedarf an komplexer Beleuchtung.

Wenn ich nur ein Objektiv für Bewegtbild haben dürfte, wäre ein lichtstarkes 35-mm-Objektiv meine erste Wahl – und viele würden mir da zustimmen. Was sind also die Hauptgründe, warum dieses Objektiv für Filmschaffende aller Art nach wie vor unverzichtbar ist?

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Dom Salmon

Writer and Photographer

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Das steckt in der Kameratasche

Ausgewogenheit zwischen Reichweite und Nähe

Eine der größten Stärken eines 35-mm-Objektivs ist, dass es eine, wie ich es nennen würde, ausgewogene Perspektive bietet. Eine Perspektive, die dem menschlichen Sehen ohne erkennbare Verzeichnung entspricht (die beispielsweise bei 28 mm viel deutlicher zu sehen ist). Es liegt super zwischen dem ultraweiten, echt dramatischen 24 mm und dem engeren, intimeren 50 mm. Es bietet ein natürliches Sichtfeld, das weder Tiefe noch Perspektive übertreibt, aber auch nicht zu nah ran geht.

Kontext herstellen

Mit einem 35-mm-Objektiv könnt ihr genug von der Umgebung einfangen, um euer Motiv in seiner Umgebung zu „platzieren“ – ohne es zu weit in den Hintergrund zu rücken. Das ist eine großartige Möglichkeit, ohne eine „Einstellungsaufnahme“ sofort über eine Situation oder einen Ort zu informieren. Dokumentarische Interviews sind mit dieser Technik äußerst effektiv.

Aufnahmen mit Charakter

Im Gegensatz zu größeren Brennweiten, die Verzeichnungen verursachen oder zu viel Gewicht auf die Elemente im Hintergrund legen, bleiben mit dem 35 mm die Merkmale des Motivs ziemlich natürlich. Und dennoch bleibt der Eindruck von Tiefe erhalten. Es ist ein echtes Gegenmittel zu diesen extrem weitwinkligen Smartphone-Videos, bei denen man das Gefühl hat, jemandem direkt in die Nase zu schauen.

Bewegende Filme

Ein 35-mm-Objektiv reduziert im Vergleich zu einem 50-mm-Objektiv Verwacklungen bei Handaufnahmen – wirkt dabei aber nicht so surreal wie ein 24-mm-Objektiv, wenn ihr ein Motiv verfolgt. In Kombination mit dem Bildstabilisator der Nikon Z kann man selbst aus der Hand absolut verwacklungsfreie Aufnahmen machen. Aber das Wichtigste ist, dass es genug „Drama“ einfängt und großartig aussieht, wenn man sich durch die Umgebung bewegt. So bekommt das Publikum ein echtes Gefühl für den Raum.

Verbessertes Storytelling

Weitwinkel werden oft mit einer sehr hohen Schärfe im ganzen Bild verbunden (fragt die Macher von Citizen Kane). Aber mit einer superlichtstarken Blende wie f/1.4 kann man trotzdem eine großartige Freistellung vom Hintergrund erzielen. Der „Kontext“ der 35-mm-Ansicht sorgt für ein echtes Kino-Feeling und einen professionellen Look.

Das ist eine großartige Möglichkeit, das Motiv aus der Szene herauszulösen und hervorzuheben, dabei aber genügend Details im Hintergrund zu belassen, um die Umgebung und die Stimmung zu betonen. Bei der extrem hohen Tiefenschärfe eines 24-mm-Objektivs oder der noch stärkeren Isolierung eines 50-mm-Objektivs ist das echt knifflig. Das macht den „Sweet Spot” eines 35-mm-Objektivs aus.

Unübertroffen lichtstark

Die logistischen Vorteile eines lichtstarken 35-mm-Objektivs beim Fotografieren sind kaum zu überschätzen. Ja, das Bokeh, die Trennung und das Sichtfeld tragen zu den Emotionen oder Erlebnissen bei, die ihr erzählen wollt. Aber dank der lichtstarken Blende könnt ihr auch Videos bei wenig Licht aufnehmen und habt damit jede Menge kreative Möglichkeiten. Nachts könnt ihr euch auf echte Lichtquellen wie Straßenlaternen oder Autoscheinwerfer verlassen. Für Innenräume könnt ihr alltägliche Lichtquellen wie Computerbildschirme oder Schreibtischlampen als sogenannte „motivierte“ Lichtquelle nutzen. Das verkürzt auch den Workflow, da ihr weniger auf Filmlicht am Drehort angewiesen seid. Außerdem sieht das Filmmaterial natürlicher und realistischer aus, wenn man versteht, woher das Licht kommt. Von romantisch-sanftem Kerzenlicht bis hin zu knalligen Fernsehbildschirmen – ihr habt jetzt noch mehr kreative Möglichkeiten, die Szene zu beleuchten. Außerdem müsst ihr die ISO-Empfindlichkeit nicht so stark erhöhen, sodass ihr klarere, rauschärmere Aufnahmen erhaltet, mit denen ihr besser arbeiten könnt.

Ein neues Kapitel für euer Storytelling

Wie bei den meisten Dingen, die aus gutem Grund Klassiker sind, hilft euch die 35-mm-Brennweite dabei, in den „Film-Modus“ zu kommen. Es ist ein großartiges Tool für Storytelling, weshalb es auch für die Street-Fotografie so beliebt ist. Denn was ist ein Streetfoto anderes als ein einzelnes Bild aus dem großen Film des Lebens?

Allein die Brennweite ist schon gut, aber wenn sie mit einer superlichtstarken Blende kombiniert wird, ist ein 35 mm einfach unschlagbar – und das beste Objektiv für Filme, das ihr bekommen könnt. Damit könnt ihr jede Menge großartige Aufnahmen erstellen, die nicht langweilig, aber auch nicht übertrieben stilistisch ist. Das ist ein enormer Vorteil für professionelle Arbeiten. Ich könnte alles mit 24 mm drehen und dabei auf Bodenhöhe fahren, aber nicht jeder Kunde will Szenen aus The Shining!

Ihr möchtet einen Beweis für die cineastische Kraft des 35-mm-Objektivs? Schaut euch den Film Call Me by Your Name an, der komplett mit einem 35-mm-Objektiv gedreht wurde. Warum? Der Regisseur wollte Naturalismus und eine visuelle Einfachheit, die das Erlebnis atmen lässt – dazu eine Brennweite, die nah genug an der menschlichen Perspektive ist, damit sich die Zuschauenden wie Beobachtende fühlen. Welches Objektiv könnte wohl all das leisten und die Story wirklich gut rüberbringen? Das 35 mm natürlich!

Und wie immer ist es die Story, die zählt.

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